Heuer hat es wieder geklappt! Nach drei Jahren Zwangspause ging es endlich wieder hinauf zur winterlichen Reiteralm in unser geliebtes Domizil Alte Traunsteiner Hütte. 24 Leute – überwiegend Frauen - haben sich zum Camp angemeldet und sich von dem weiten Weg zur Hütte nicht abschrecken lassen. Begleitet von unseren versierten Trainern Josef Eisenberger, der auch die Leitung inne hatte, Andreas Thiele, Franz Mittermaier, Michael van der Giet und Stefan Eisenreich von der Bergwacht waren immerhin 1100 Höhenmeter zu überwinden, mit voller Schi- und Lawinen-Such-Ausrüstung, dazu Pickel, Seil Steigeisen und Proviant für drei Tage. Schnee gab es erst oberhalb 1400 m. Bis dahin mussten wir alles tragen!
Nach 3 ½ Stunden schweißtreibendem Aufstieg empfing uns oben eine traumhafte, völlig unberührte, tief verschneite Winterlandschaft. Man geht in eine andere Welt! Von der Hochfläche gibt es keinen Blick ins Tal, nur auf die hohen Nachbarberge Göll, Watzmann und Hochkalter. Wer ins schon lange grüne Tal schauen möchte, muss zu den Hochgipfel der Reiteralpe hinauf steigen.
Aber erst einmal war die Hütte gefragt. Alle freuten sich auf eine warme Stube. Wenn die Öfen warm sind, wird’s richtig gemütlich in den altehrwürdigen Zirbenholz-Stuben aus dem Jahr 1901. Weil Hunger und Durst groß sind, muss für Wasser gesorgt werden. Also einheizen und in allen verfügbaren Gefäßen Schnee schmelzen und abkochen. Die meisten Leute waren noch erstaunlich fit, und so legten sie noch am selben Nachmittag eine frische Spur in die Rossgasse Richtung Häuselhorn, um die Schnee-Verhältnisse zu erkunden. Derweil durfte sich Hüttenwart Hans Gfaller um das gemeinsame Abendessen kümmern. Eine gewisse Herausforderung, 30 hungrige Leute gleichzeitig satt zu kriegen, aber mit kräftiger Unterstützung von fleißigen Händen geht das schon, und allen hat‘s geschmeckt.
Dann war Lage-Besprechung. Der nächste Tag sollte lang werden. Die Verhältnisse wurden als ausreichend sicher beurteilt, darum standen alle drei Hochgipfel zur Auswahl: Wagendrischlhorn (2251m), Großes Häuselhorn (2284m) und Stadelhorn, mit (2286m) der höchste Gipfel des Reithergebirges. Der Auftrieb war groß, und so fanden sich die Gruppen zusammen, je nachdem, was sich die einzelnen zutrauten.
Mittermaier Franz führte seine Gruppe in Begleitung von Stefan Eisenreich durch das landschaftlich großartige, abwechslungsreiche, im Sommer arg zerklüftete Felsgelände zum Wagendrischlhorn. Der Gipfel ist mit Schi erreichbar. Runter ging es nach einem kurzen Gegenanstieg auf den Plattelkopf über die Steinberggasse zum Reitertrett, wo noch der unberührte Pulver richtig gestaubt hat.
Eisenberger Josef und Thiele Andi spurten mit ihrer Gruppe die anspruchsvolle Route über die felsumrahmten Steilkare zum Großen Häuselhorn hinauf, nicht ohne zuvor die Schneedecke mit einem aufwendig gegrabenen Profil beurteilt zu haben. Auch die Steigeisen wurden nicht umsonst mitgenommen, waren doch auch schneeverharschte Felsriegel zu queren. Die Abfahrt über die steilen Hänge war für alle ein toller Genuss. Überhaupt ist das Häuselhorn ein großartiger Berg, der im Sommer auch schöne Kletterrouten zu bieten hat.
Die dritte Gruppe hat sich eine alpine Herausforderung ausgesucht. Michael van der Giet führte zwei Damen und drei Herren über die tief verschneiten und teilweise exponierten Felsstufen (Schwierigkeit 1 bis 2-)sowie auf vereisten Grasschrofen von der Mayrbergscharte zum Stadelhorn hinauf. Pickel, Steigeisen und Klettergurt wurden gebraucht. Und um die im Rahmen der Ausbildung angebrachten Fixseile, - sogar ein wiederverwendbarer Bohrhaken wurde gesetzt - waren alle recht froh, besonders im Abstieg. Nach einiger Zeit in der schattigen Nordseite haben wir die wärmende Sonne am Gipfel genossen. Eine Schiabfahrt bietet das schroffe Stadelhorn nicht.
Kaum unten angekommen, machten unsere unermüdlichen Trainer sofort mit Spaltenbergung weiter. Dafür boten die hohen Schneewächten auf den tief verschneiten Latschenhügeln nahe der Hütte beste Möglichkeiten. Erst danach gab’s das wohlverdiente Abendessen.
Zum Ausklang marschierten wir am Sonntag noch gemeinsam die 400 hm zum Großen Weitschartenkopf (1979m). Die Sonne hatte auf der Südseite schon ganze Arbeit geleistet und der Firn hat noch gerade so gereicht, um durch die Latschengassen hinunter zu schwingen. Der Abfahrtsgenuss über die bucklige Schreckwiese Richtung Tal hielt sich in Grenzen, dann hieß es wieder tragen.
Fazit: Die Stimmung war bestens. Alle, die dabei waren, werden diese drei abwechslungsreichen Tage auf der Reiteralm wohl in bester Erinnerung behalten. Unseren Trainern gebührt großer Dank für ihren engagierten Einsatz.
Hans Gfaller